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6. ABÖ-Cafe: Bildungssprecher der politischen Parteien

Die Allianz Bildungsmedien Österreich sieht Bildung als ein Thema das Diskurs und Stellung beziehen benötigt. Dafür bieten wir auf der einen Seite Plattform und Möglichkeit und auf der anderen das Einnehmen von Positionen.

Die dringendsten Fragen für das österreichische Bildungssystem – und welche Antworten die Politik liefert

Allianz Bildungsmedien bat Vertreter:innen aller Parteien zum offenen Diskurs über die Zukunft des österreichischen Bildungssystems.

Bildung, quo vadis? Das war die grundlegende Frage, die die Allianz Bildungsmedien beim gestrigen ABÖ-Café in den Raum stellte. Der Einladung zur offenen Diskussion folgten Vertreterinnen und Vertreter aller Parteien sowie rund 50 Mitglieder des ABÖ.

Das österreichische Bildungssystem befindet sich in einem fundamentalen Wandel. Digitale Angebote verändern die Art des Lehrens und Lernens grundlegend, gesellschaftspolitische Entwicklungen verschärfen die Herausforderungen in Fragen der Bildungsgerechtigkeit. In diesen turbulenten Zeiten stellt sich daher die Frage: Wohin entwickelt sich das österreichische Bildungssystem? Welche Schritte unternimmt die Politik bezüglich der großen Themenfelder wie Lehrer:innenmangel, Digitalisierung und Chancengleichheit? Was die dringendsten Themen sind und welche Lösungsansätze bereits existieren, darüber wurde gestern Abend im Rahmen des ABÖ-Cafés intensiv diskutiert.

ÖVP Bildungssprecher Rudolf Taschner plädierte in seinem Eingangsstatement für mehr Autonomie in den Schulen: „Die PISA-Ergebnisse haben gezeigt, dass zu viele regulierende Verordnungen durch die Politik – wie sie etwa in der Corona-Pandemie gang und gäbe waren – weder für Schülerinnen und Schüler noch für Lehrerinnen und Lehrer förderlich sind. Ich glaube, dass wir mehr Vertrauen in die Fähigkeiten der Lehrkräfte und auch in die Lernbereitschaft der Kinder haben sollten, die von Natur aus wissbegierig sind. Bildung ist das höchste Gut, und wir als Gesellschaft müssen darauf achten, dass wir die enorme Bedeutung einer fundierten Schulbildung auch entsprechend hochhalten.“ Taschner betonte außerdem die wichtige Rolle qualitativ hochwertiger Lehrmaterialien: „Gute Schulbücher sind die Grundlage für einen guten Unterricht!“

Sibylle Hamann, Bildungssprecherin der Grünen, wies auf die nötige Vielfalt eines zeitgemäßen Unterrichts hin: „Die heutigen Kinder werden später einmal mit Herausforderungen umgehen müssen, die wir heute noch gar nicht kennen. Das Wichtigste ist, dass sie lernen, vernetzt zu denken, und dass sie Neugier und Resilienz entwickeln. Schule muss daher die Entwicklung der gesamten Persönlichkeit im Blick haben. Digitale Medien sind dabei ebenso wichtig wie Erlebnisse in der Natur.“

NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg-Sarre erklärte: „Österreichs Schulsystem ist im internationalen Vergleich nur Mittelmaß, obwohl wir eines der reichsten Länder sind und viel Geld in Bildung investieren. Wir müssen vom Mittelmaß ins Spitzenfeld. Kinder, die mehr Unterstützung brauchen, sollen diese bekommen, und Kinder mit besonderen Begabungen und Talenten mehr Möglichkeiten erhalten, diese zur Entfaltung zu bringen. Dafür müssen wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und Ressourcen bereitstellen. Erfolgreiche Bildungssysteme wie jenes von ,PISA-Europameister‘ Estland zeigen vor, dass die Leitgedanken ,Autonomie statt Bürokratie‘ und ,Vertrauen statt Kontrolle‘ jenes Umfeld schaffen, in dem Lehrer:innen gerne arbeiten und wirksam werden. Dazu gehört auch, dass ausreichend Ressourcen für digitale Lernmittel und Schulbücher bereitgestellt werden, denn sie sind – neben den Lehrerinnen und Lehrern – die wichtigsten Stützen für gelingenden Unterricht und daher, gerade in Zeiten des Lehrkräftemangels, eine Säule unseres Bildungssystems, die gestärkt und ausgebaut werden muss.“

FPÖ Bildungssprecher Hermann Brückl ortete an diversen Stellen Verbesserungsbedarf für das heimische Bildungssystem: „Die Politik muss Probleme erkennen und auch anerkennen. Derzeit haben wir unglaublich viele ungelöste Fragen im Bildungssystem, die allesamt dafür sorgen, dass Lehrerinnen und Lehrer unzufrieden sind. Gleichzeitig steigt die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die am Ende ihrer Schullaufbahn gravierende Mängel im Lesen, Schreiben und Rechnen aufweisen ständig. Hier muss die Politik endlich handeln. Eine Besoldungsreform, Bürokratieabbau im schulischen Bereich, Ausbau der digitalen Infrastruktur oder die Entrümpelung der Lehrpläne sind dringend erforderlich und nur ein Teil der notwendigen Reformen. Einzig so kann es gelingen, das Bildungsniveau in Österreich zu halten bzw. auszubauen und die Grundlagen für Aufstieg und Wohlstand in unserem Land zu gewährleisten!“

Doris Hahn, Bildungssprecherin der SPÖ im Bundesrat, wies insbesondere auf die Veränderungen im Schulalltag durch die Digitalisierung und die dafür notwendigen Maßnahmen hin: „Das Ausstatten von Schüler:innen mit Endgeräten alleine macht noch keine Digitalisierungsoffensive! Es braucht ein gesamtbildungspolitisches Konzept und eine langfristige, nachhaltige Strategie, in der infrastrukturelle Fragestellungen wie etwa Internetverbindungen mit ausreichenden Bandbreiten oder Ressourcen für die IT-Betreuung ebenso angegangen werden, wie z.B. Unterrichtsmaterialien für das Erkennen von FakeNews oder das Erstellen von Content. Neue Medien brauchen auch eine neue bzw. andere Form der Didaktik, auf die die Ausbildung der Lehrkräfte derzeit nicht ausreichend abzielt.“

Hahn verwies auch auf das Thema Chancengerechtigkeit: „Studien wie PISA zeigen immer wieder ganz deutlich auf, dass in Österreich Bildungschancen vergleichsweise stark vererbt werden. Auch in der Digitalisierung tritt diese Ungleichheit immer mehr zu Tage. Daher ist es umso wichtiger, dass Schule ein Ort der Chancengerechtigkeit und der Potentialentfaltung ist!“

An der spannenden und konstruktiven Diskussion beteiligten sich auch zahlreiche anwesende Vertreter:innen österreichischer Bildungsmedienverlage.

„Gerade stehen wir am Beginn eines grundlegenden Wandels unseres Bildungssystems. Die Digitalisierung bringt teils höchst disruptive Änderungen mit sich, auf die nicht nur Schüler:innen und Lehrende, sondern auch wir als Verlage rasch und umfassend reagieren müssen. Gleichzeitig gilt es, bei der Gestaltung von Bildungsmedien aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen abzubilden, neue Formen des Unterrichtens – Stichwort Quereinsteiger – zu bedenken und die Angebote für alle barrierefrei umzusetzen – all dies vor dem Hintergrund immenser Preissteigerungen und wirtschaftlich herausfordernder Rahmenbedingungen“, erklärte Markus Spielmann, Geschäftsführer Helbling Verlag und Präsident der Allianz Bildungsmedien Österreich. „Von der Politik erwarten wir uns daher richtungsweisende, zukunftsfähige Marschrouten und konkrete Zusagen – vor allem in Förderungs- und Finanzierungsfragen. Nur so können wir langfristig die hohe Qualität österreichischer Bildungsmedien gewährleisten“, so Spielmann abschließend.

vlnr: Markus Spielmann, Geschäftsführer Helbling Verlag und Präsident Allianz Bildungsmedian Österreich, Doris Hahn, MEd MA, Bildungssprecherin Bundesrat SPÖ, Univ.-Prof. Mag. Dr. Rudolf Taschner, Bildungssprecher ÖVP, Mag. Silvia Grünberger, Rosam.Grünberger.Jarosch & Partner, Herrmann Brückl, MA, Bildungssprecher FPÖ, Mag. Martina Künsberg-Sarre, Bildungssprecherin NEOS, Mag. Sibylle Hamann Bildungssprecherin Die Grünen

31. Januar 2024


Wir wollen mit der Allianz einen Beitrag dazu leisten, in einer digitalisierten Gesellschaft Lernen in all seinen Aspekten optimal zu ermöglichen. Alle Menschen sollen ihre Talente entfalten können.

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